Wie sinnvoll sind Referate?
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Ein Seminar ist spannend, gibt viele Kreditpunkte, und birgt etwas in sich, das dem einen widerstrebt und dem anderen eine wahre Freude bereitet: ein Referat zu halten. Ein Thema aufzuarbeiten und zu präsentieren bedeutet viel Aufwand, aber auch eine Gelegenheit, einen bestimmten Sachverhalt von Grund auf kennenzulernen. Doch manchmal verkommen Referate zu einer Alibiübung. Ein Kommentar von Salomé Blum über den Sinn von Referaten an Schweizer Hochschulen.
Von: Salomé Blum
Der Moment nach dem Referat ist der schönste: das Gefühl, es überstanden zu haben. Die Angst, vor den Mitstudierenden und dem Dozenten zu stehen und ein Thema vorzustellen, überschattet meist die guten Seiten, die ein Referat haben kann. Ein Thema aufzurollen, die wichtigen Punkte herauszulösen und in knapper Zeit verständlich zu präsentieren, während man in meist gelangweilte Gesichter der Mitstudenten schaut, ist nicht nur eine Herausforderung. Es ist auch eine gute Möglichkeit, sich in ein bestimmtes Gebiet weiter zu vertiefen, mehr Wissen anzusammeln und zu lernen, wie sich ein Thema spannend präsentieren lässt. Referieren bedeutet auch die Gelegenheit, die meist unbegründete Angst abzulegen, vor den Mitstudenten wie ein Affe dazustehen. Nicht immer jedoch bieten Referate dieselben Chancen. Sie reichen von fünfminütigen Einführungen bis zu Mordsvorträgen, die eine ganze Doppellektion füllen müssen. Dass der Aufwand sehr stark variiert, ist klar. Dass die Kreditpunkte nicht dem Arbeitsaufwand entsprechend vergeben werden, ist auch klar. Ein kleiner Überblick zu Referaten in einigen Studienfächern der Schweizer Hochschulen:
Alibiübung oder Chance?
In der Biologie ist ein Referat ein Werbespot: Die Biostudierenden lernen dabei, ein Paper zu verkaufen – ein erster Grundstein, um später eine Stelle zu finden, Leute vom eigenen Projekt zu überzeugen. In den philologisch-historischen Studiengängen werden viele Referate verlangt, mal kurze, mal stundenfüllende, bei denen die Studierenden häufig auch eine Diskussion leiten müssen. Manchmal springt der Dozent ein und führt die Diskussion. Anders ist es im Jusstudium: Natürlich ist das Bild des Anwalts, der grosse Reden vor dem Geschworenengericht schwingt und es im Schlussplädoyer im letzten Augenblick von der Unschuld seines Mandanten überzeugen kann, stark von Hollywoodfilmen geprägt. Doch auch in der Realität ist ein Anwalt hin und wieder im Gericht und referiert. Üben das die Jusstudierenden? Nein. In keinem anderen Studiengang scheinen Referate so wenig verbreitet zu sein wie im Jus. Doch gerade für diese Studierenden wären Referate für die spätere Berufspraxis und auch für die Anwaltsprüfung bestimmt sehr nützlich. Es wäre also keine schlechte Idee, die Chance zu bekommen, während des Studiums seine etwaige Angst vor Vorträgen abzulegen. Der Studiengang ist somit institutionell falsch aufgebaut.
Rückmeldungen wären sinnvoll
In Psychologieseminaren sitzt der Dozent leider allzu häufig nur da, macht sich Notizen und lässt die Studierenden die Arbeit erledigen. Eine nette Art, sich sein Geld zu verdienen, ist das allemal. Aus Studierendensicht ist es jedoch eine verpasste Gelegenheit, nicht vom grossen Wissen des Professors profitieren zu können. Natürlich lässt sich argumentieren, dass die Studierenden durch das Hineinknien in ein Thema sehr viel mitnehmen können. Doch bleibt es ohne Diskussionen, ohne Kritik, ohne Gegenargumente des Dozenten, der sich eigentlich in diesem Bereich auskennen sollte, bleibt auch der Profit von Referaten auf der Strecke. Dasselbe gilt für das Feedback des Dozenten zur Art des Referierens: Was war gut, was schlecht, was sollte verbessert werden? Sind solche Feedbacks häufig? Leider nicht. Genauso herrscht auch wenig Transparenz in der Notengebung. Am Ende eines Seminars steht eine Note – doch wie setzt sie sich zusammen aus Prüfung, schriftlicher Arbeit, Referat und mündlicher Teilnahme? Um dies in Erfahrung zu bringen, müssten die Studierenden Eigeninitiative entwickeln, eine Eigenschaft, welche im Bolognasystem nicht gerade grossgeschrieben wird. Doch gerade hier würde sich ein wenig Aufwand lohnen. So könnten die Studierenden lernen, was sie eventuell verbessern könnten. Dennoch stellt sich die Frage: Wieso geben nicht alle Dozenten den Referierenden ein (kurzes) Feedback? Vielleicht ist ihnen der Aufwand zu gross. Doch: Sind wir nicht an der Uni, um etwas zu lernen? Und sind die Dozenten nicht an der Uni, um uns etwas zu lehren?
Genau wie bei der Variation der Referate und der Punkteverteilung gibt es auch unterschiedliche Qualität bei den Referaten. Für die einen sind sie ein Gräuel, für die anderen ein Moment, auf den sie lange hinfiebern. Aus Freude, weil sie gerne vor anderen stehen und etwas erzählen können, was sie sehr interessiert. Diese Studierenden sind dann in ihrem Element, sie haben Spass am Recherchieren, am Zusammenstellen, am Referieren, am Erklären. Nicht zuletzt können dadurch Profs auf Studierende aufmerksam werden, wenn sie an die Vergabe von neuen Hilfsassistenten- oder Doktoratstellen denken.
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