Von Tandem-Beziehungen profitieren
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Coaching wird in allen Lebenslagen immer wichtiger: Wie manage ich die Arbeit an der Hochschule? Wie bewältige ich all meine Aufgaben am Arbeitsplatz? Wie organisiere ich mein Leben? Um solche und weitere Fragen zu behandeln, bietet die Universität Bern das Mentoringprogramm VetMENT für DoktorandInnen der Veterinärmedizin. MentorInnen und Mentees finden zusammen und knüpfen unterstützende Bände. SCROGGIN sprach mit Dr. Patricia Felber, Projektkoordinatorin des Mentoringprogramms.
Von: Cvijeta Nedic
Was zeichnet Ihr Programm VetMENT aus? Worin liegen die Unterschiede zu den Mentoringprogrammen anderer Hochschulen?
An der Universität Bern sind sieben Mentoringprogramme angesiedelt. Sie alle haben zum Ziel, Masterstudenten, Doktorandinnen, Postdocs und Habilitantinnen stärker in der wissenschaftlichen Community zu vernetzen, Informationen zu Themen rund um eine wissenschaftliche Karriere zu vermitteln und eine Plattform für informellen Austausch in der Peergruppe zu sein. Das VetMENT Programm richtet sich ausschliesslich an Tierärztinnen und Tierärzte. Da es in der Schweiz nur diese eine gemeinsame veterinärmedizinische Fakultät gibt, ist unser Mentoringprogramm als gemeinsames Projekt sowohl an der Universität Bern wie auch an der Universität Zürich angesiedelt. Es gibt kein weiteres vergleichbares Projekt für Veterinärmediziner und -medizinerinnen in der Schweiz.
Wie kamen Sie auf diese Idee? Und wer hat sie umgesetzt?
Das erste Mentoringprogramm an der Universität Bern entstand vor zirka zehn Jahren aufgrund einer Initiative von Prof. Doris Wastl-Walter und ihren Studentinnen am Geographischen Institut. Seither haben unterschiedliche Gremien mit finanzieller Unterstützung des Bundesprogramms Chancengleichheit Mentoringprogramme lanciert. 2009 wurde die Idee zu einem Mentoringprogramm für die spezifischen Bedürfnisse von Nachwuchskräften an der Vetsuisse Fakultät von den Dekanen der Fakultät, Prof. Dr. E. Meier und Prof. Dr. F. Althaus, aufgegriffen. An der Universität Zürich wurden die Oberassistentin PD Dr. Nicole Borel und an der Universität Bern Projektkoordinatorin Dr. Christine Aeschlimann beauftragt, die Idee umzusetzen. Das Programm konnte mithilfe eines externen Facilitators mit grosser Mentoringerfahrung erfolgreich umgesetzt werden.
Wie hat sich das Programm seit dem Start entwickelt?
Das Programm wurde an den beiden Standorten Bern und Zürich sehr gut aufgenommen und hat eine sehr grosse Nachfrage ausgelöst. Von 2010 bis 2011 lief der erste Durchgang mit 34 Teilnehmern. In der zweiten Runde zwischen 2012 und 2013 nahmen 23 Frauen am Programm teil. Eine Besonderheit war, dass 14 Teilnehmerinnen aus der ersten Runde auch nach Abschluss des Programms ihre Tandem-Beziehung zu ihren Mentoren und Mentorinnen offiziell weiterführten und weiterhin regelmässig zu den Rahmenveranstaltungen kamen.
Wer kann an diesem Programm teilnehmen?
Wie erwähnt ist unser Programm den Doktorierenden, Residencies, Postdocs und Habilitanten der Veterinärmedizinischen Fakultät vorbehalten und auf deren Bedürfnisse zugeschnitten. Die interessierten Personen mussten sich bewerben, doch die Teilnehmerzahl war nicht beschränkt. Für die dritte Runde wollen wir das Auswahlverfahren kompetitiver gestalten und weniger Leute zulassen.
Welche Vorteile bietet das Programm den Mentees?
Unsere Mentees profitieren bei der Teilnahme an diesem Programm auf mindestens drei unterschiedlichen Ebenen: Erstens von der Tandem-Beziehung zu ihrer Mentorin oder ihrem Mentor. Dies ist das Kernstück des Mentoringprogramms. Zweitens vom Rahmenprogramm, das zusammengesetzt ist aus Start-, Zwischen- und Schlussworkshops einerseits sowie drei bis fünf Workshops zu spezifischen Themen andererseits, darunter etwa „Work-Life-Balance“, „Projektfinanzierung“ und „Sicheres Auftreten“. Drittens profitieren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen vom Austausch innerhalb der Peergruppe: Durch das Mentoringprogramm vernetzen sich die jungen Akademiker automatisch, und während der Dauer des Mentorings entstehen genügend Möglichkeiten, sich informell auszutauschen.
Welche Vorteile bietet das Programm den Mentoren und Mentorinnen?
Sie lernen in ihren Mentees motivierte junge Akademiker und Akademikerinnen aus ihrem Fachbereich kennen. Dabei können sie sich ein Bild davon machen, welches die grossen Herausforderungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind.
Wie hat sich die Anzahl und die Zusammensetzung der teilnehmenden Mentoren und Mentees seit Beginn des Programms entwickelt?
Die Teilnehmenden am Mentoringprogramm spiegeln die Verhältnisse des Studienfaches wider. Da unser Mentoring erst auf der Doktoratsstufe einsetzt, gibt es einen grossen Anteil an ausländischen Teilnehmerinnen. Denn viele Mittelbauangehörige sind aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden oder aus dem englischsprachigen Raum. In der Veterinärmedizin ist der Frauenanteil sehr hoch. Seit Jahren beträgt der Anteil an Studentinnen über 80 Prozent. Der erhöhte Frauenanteil schlägt sich im Mittelbau nieder, nicht mehr aber auf der Stufe der Professuren.
Wie sieht die Zukunftsdiagnose für das Programm aus?
Die Mentoringprogramme an der Universität Bern wurden über die vergangenen Jahre erfolgreich eingeführt und sind fester Bestandteil der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung. Die Mentoringprogramme der Universität Bern decken alle Studienfächer ab. Jede interessierte Studentin und jeder Doktorand hat grundsätzlich die Möglichkeit, an einem Mentoringprogramm teilzunehmen. Die Finanzierung, die bis jetzt über das Bundesprogramm lief, übernimmt zukünftig die Universität Bern. Es ist anzunehmen, dass Mentoring in Zukunft ähnlich nachgefragt wird wie jetzt.
Welche Erfahrungen haben die Teilnehmer und Teilnehmerinnen bisher gemacht?
Die Evaluation des Mentoringprogramms hat ergeben, dass die Mentoring-Teilnahme und der daraus entstehende Nutzen als sehr hoch bewertet werden. Viele der One-to-one-Beziehungen waren sehr fruchtbar. Die Mentees schätzen es sehr, neben ihrer Chefin oder ihren Kollegen eine weitere Person zu haben, mit denen sie sowohl berufliche als auch private Herausforderungen diskutieren können. Auch wurde in den Evaluationen mehrmals der Nutzen der Rahmenprogrammveranstaltungen erwähnt. Die Mentees ziehen daraus wertvolle neue Informationen für die unterschiedlichsten Aspekte ihrer persönlichen Situation. Und schliesslich werden häufiger die vielen spannenden informellen Gespräche mit anderen Teilnehmenden erwähnt und der Vorteil, über die eigene Tandem-Beziehung neue Kontakte zu wichtigen Personen geknüpft zu haben.
Was kostet es für Mentees, an dem Programm teilzunehmen, und welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen?
Die Mentoringprogramme, die an der Universität Bern angeboten werden, sind für die Teilnehmenden kostenlos. Einmal im Programm, sind die Mentees aber verpflichtet, die Tandem-Beziehung mit ihren Mentoren und Mentorinnen zu pflegen und die Rahmenveranstaltungen zu besuchen. Die Mentees müssen also die Bereitschaft mitbringen, sich die vorgesehene Zeit für das Mentoring zu nehmen. Bei Angestellten der Universität wird auch empfohlen, die Teilnahme am Mentoring mit ihren Vorgesetzten abzusprechen. Unterstützen sie die Teilnahme am Mentoring, und geben sie der Doktorandin oder dem Postdoc genügend Zeit, um die Mentoringveranstaltugen zu besuchen? Dies sollte man vorab klären.
Kann man sich seine Mentorin oder seinen Mentor selbst aussuchen?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es von Vorteil ist, wenn die Mentees ihre Mentoren selbst aussuchen. Im Startworkshop werden die Ziele des Mentoringprogramms erklärt, und es wird besprochen, welche Kriterien zu beachten sind, wenn man sich Gedanken über einen geeigneten Mentor oder eine Mentorin macht. Häufig wissen dann die Mentees, wen sie gerne hätten. Die Aufgabe der Projektkoordinatorin ist es dann, die Verbindung zwischen Mentor und Mentee herzustellen. Dieses Vorgehen nennt sich Matching. Wir unterstützen aber die unsicheren Mentees bereits in der Suchphase.
Über das Mentoringprogramm VetMENT:
Für den beruflichen Erfolg ist es enorm wichtig die informellen Spiel- und Verhaltensregeln des Unternehmens oder der Organisation kennenzulernen und sich zu vernetzen. Mentoringprogramme sind strukturierte Vernetzungssysteme zur Unterstützung und Beratung von Nachwuchskräften. Mentoring ermöglicht es, mit einer unabhängigen und erfahrenen Person in einem vertraulichen Rahmen mögliche Karriereoptionen und -schritte auszuloten, Vorgehensmöglichkeiten zu diskutieren und von der Erfahrung anderer zu lernen. Die Ziele des Mentoringprogramms:
Die Mentees
- werden laufbahnstrategisch kompetenter:
- sollen Wissen und Kompetenzen erwerben, die es ihnen erlauben, ihre Karrierre strategischer und zielorientierter anzugehen.
- wissen, wie sie vorgehen können, um ihre Ziele zu verfolgen.
- werden selbstsicherer und selbstbestimmter.
- erlangen Klarheit darüber, was sie wollen und können ihre Ziele selbstsicherer und selbstbestimmter vertreten.
- bauen Selbstverständnis und ihre Identität als Wissenschaftler auf.
- können methodische Kompetenzen erlangen, die sie als Zusatzqualifikationen aufweisen können.
- werden in der Wissenschaftsgesellschaft präsenter und integrierter.
- kommen als Kandidaten für qualifizierte Positionen verstärkt ins Spiel.
Mehr Informationen: www.vetsuisse.ch/vetment-mentoringprojekt-der-vetsuisse-fakultat/
Übersicht über weitere Mentoringprogramme der Universität Bern:
www.gleichstellung.unibe.ch/content/unsere_angebote/mentoring/index_ger....
Über Patricia Felber:
Patricia Felber hat an der Universität Bern und an der Universität von Arizona in Tucson (USA) Geographie und Ethnologie studiert. Für ihre Promotion zum Thema Landschaftswahrnehmung hat Patricia Felber mit einem Nationalfondsstipendium an der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) gearbeitet. Während des Doktorats war Patricia Felber selbst Mitglied in Peer-Mentoringprogrammen der Universität Zürich. Als Oberassistentin am Geographischen Institut in Bern hat sie zwischen 2010 und 2011 das Mentoring phil.nat geleitet. Die vielfältige Mentoringerfahrung hat sie dafür ausgezeichnet, die Koordination für VetMENT zu übernehmen.
Für weitere Fragen zum Thema Mentoring steht Dr. Patricia Felber gerne zur Verfügung: felber@giub.unibe.ch
Dieser Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe 11 - 2013. |
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