Seline Kathrin Iseli - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)
Die Internationale. Seline Kathrin Iseli ist diplomatische Mitarbeiterin im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Sie befindet sich am Puls der Politik und kann Entwicklungen mitgestalten.
Von: Sabine Olschner
Wann stand für Sie fest, dass Sie in den diplomatischen Dienst gehen wollten?
Andere Länder und Kulturen sowie die Schweizer Politik haben mich immer schon sehr interessiert. Aber es war erst einmal nicht mein Plan, im diplomatischen Dienst zu arbeiten. Nach meinem Studienabschluss war ich zunächst vier Jahre in der Privatwirtschaft tätig. Dort habe ich auch schon international gearbeitet: Ich war in der Strategieberatung für eine internationale Beratungsfirma tätig und dort für Projekte für UNO-Institutionen und die Weltbank zuständig. Irgendwann wollte ich auch die andere Seite kennenlernen und politischer arbeiten, daher habe ich mich entschieden, den „Concours diplomatique“ zu machen.
Was sind die Voraussetzungen, um sich zu dieser Prüfung anzumelden?
Man braucht zunächst einmal ein abgeschlossenes Masterstudium, das Fach spielt dabei keine Rolle. Man muss drei Sprachen fliessend beherrschen, davon zwei Landessprachen – ich spreche Deutsch, Französisch und Englisch sowie ein bisschen Arabisch und Russisch. Darüber hinaus ist es von Vorteil, wenn man Auslandserfahrung gesammelt hat, zum Beispiel in einer internationalen Organisation. Berufserfahrungen in der Privatwirtschaft sind von grossem Vorteil – Hochschulabsolventen direkt von der Uni werden nur sehr selten eingestellt. Man sollte sich für andere Kulturen interessieren und bereit sein, sich immer wieder schnell in neue Themengebiete einzuarbeiten. Das Höchstalter für die Bewerbung liegt bei 35 Jahren.
Wie gestaltet sich dann die Prüfung?
Es gibt unter anderem schriftliche Fachprüfungen, eine Gruppen-Diskussion, Sprachtests und ein psychologisches Assessment. In mündlichen Tests werden Kenntnisse in Wirtschaft, Politik, Recht, Kultur und Geschichte abgefragt. Wichtig ist das Vorstellungsgespräch mit der 14-köpfigen Zulassungskommission, bei dem die Motivation für den diplomatischen Dienst im Zentrum steht. Das ganze Rekrutierungsverfahren von der Anmeldung bis zum definitiven Bescheid dauert fast ein halbes Jahr. Die Prüfungen finden einmal pro Jahr statt, durchschnittlich werden aus rund 120 Bewerbungen 14 Personen rekrutiert. Die Stellen sind so beliebt, weil sie spannende internationale Aufgaben bieten.
Was ist derzeit Ihre Aufgabe im EDA?
Ich arbeite für die Politische Direktion und hier für die Sektion Finanz und Wirtschaft. Andere Sektionen sind zum Beispiel für die Themen Gesundheit, Transport oder Bildung verantwortlich, in der Politischen Direktion werden auch die Kontakte zu und die Zusammenarbeit mit allen Ländern der Welt gepflegt. Ich bin zuständig für Korruptionsfragen und kümmere mich um die UNO-Konventionen zur Korruptionsbekämpfung. Ich vertrete die Schweizer Position und begleite Korruptionsüberprüfungen anderer Länder. Ausserdem bin ich zuständig für G20-Fragen, das ist die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die Schweiz ist zwar nicht Mitglied der G20, gehört aber trotzdem zu den wichtigsten Volkswirtschaften, deshalb ist es für die Schweiz wichtig, formelle und informelle Kanäle zu den G20 zu eröffnen. Bevor ich vor drei Jahren diese Aufgaben übernommen habe, war ich in der Botschaft in Russland tätig. Dort habe ich mich mit dem Islam in Russland und den Beziehungen von Russland mit islamischen Staaten beschäftigt sowie Energiefragen bearbeitet. Zuvor arbeitete ich für kürzere Zeit auf der Schweizer Botschaft in Nigeria.
Wie hoch ist der Frauenanteil im diplomatischen Dienst?
Ihr Anteil ist in meinen Augen noch sehr gering, er beträgt heute knapp 30 Prozent. In den oberen Etagen ist der Frauenanteil noch geringer. Unter den Botschaftern zum Beispiel gibt es zurzeit 18 Frauen. Das ist aber sicher nur eine Zeitfrage, bis sich das ändern wird.
Wie empfinden Sie es als Frau, in solch einer Männerdomäne zu arbeiten – auch im Ausland?
In Nigeria zum Beispiel war es gar nicht schwierig, weil dort erstaunlicherweise viele Frauen in der Regierung sind, auch im wichtigen Finanzministerium. Auch in Russland habe ich viele Frauen auf Spitzenpositionen, insbesondere in der Privatwirtschaft, getroffen, da der Kommunismus die Gleichstellung von Männern und Frauen gefördert hat. In beiden Ländern habe ich mich als Frau nie diskriminiert gefühlt. In der Schweiz ist es mitunter schon etwas schwieriger, sich als Frau im diplomatischen Dienst zu behaupten. Es gibt einfach noch zu wenige Rollenmodelle, also Frauen in Führungspositionen, an denen andere Frauen sich orientieren können. Ich selber bin als diplomatische Mitarbeiterin noch auf der unteren Ebene und habe keine personelle Führungsverantwortung.
Wie gut ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn man im diplomatischen Dienst arbeitet?
Da hat sich in letzter Zeit viel getan. Das Departement ist sich bewusst geworden, wie wichtig dieses Thema ist. Ich selber zum Beispiel arbeite auf einer 80-Prozent-Stelle, um Zeit für meinen Sohn zu haben. Auch bei jungen Männern wächst das Bedürfnis, eine Weile in Teilzeit zu arbeiten, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Wenn man ins Ausland geht, ist die Vereinbarkeit ein bisschen schwieriger, weil der Partner in der Regel mitkommt, aber gleichzeitig seine Karriere weiter verfolgen möchte. Das Departement ist sich dieser Thematik aber bewusst und versucht gegenwärtig im Rahmen eines Projektes, gezielte Massnahmen zugunsten der Partnerinnen und Partner zu definieren.
Wie oft sind Sie auf Ihrer derzeitigen Stelle im Ausland unterwegs?
Ich bin relativ viel unterwegs, vor allem in Wien zu Verhandlungen bei der UNO. Demnächst steht eine Reise zur Vertragsstaatenkonferenz der UNO-Konvention nach Panama an. Da braucht man natürlich einen Partner, der das toleriert und auch Familienaufgaben übernimmt.
Gibt es weitere Diversity-Massnahmen beim EDA?
Da die Schweiz ja mehrsprachig ist, wird im EDA wie in der gesamten Bundesverwaltung darauf geachtet, dass im diplomatischen Dienst die verschiedenen Landessprachen adäquat vertreten sind. Darüber hinaus werden auch Schweizerinnen und Schweizer mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund rekrutiert. Bei einer definitiven Aufnahme in den diplomatischen Dienst müssen jedoch allfällige andere Nationalitäten abgegeben werden.
Was finden Sie am diplomatischen Dienst besonders spannend?
Das Interessanteste ist für mich die Aktualität der Themen. Es verändert sich alles extrem schnell. Man ist immer am Puls der politischen Geschehnisse und lernt ständig dazu. Und man ist viel unterwegs, um Kontakte zu knüpfen. Ein grosser Vorteil ist: Dank flacher Hierarchien ist man schnell in einer Position, in der man die Politik der Schweiz mit beeinflussen und gestalten kann. Bei grösseren Ländern ist das nicht unbedingt möglich.
Zur Person Seline Kathrin Iseli
Seline Kathrin Iseli, 33 Jahre, studierte Internationale Beziehungen mit dem Fokus Volkswirtschaft am Institut de Hautes Études Internationales et du Développement in Genf. Sie hat dabei Kurse im Bereich Entwicklungszusammenarbeit, internationale Wirtschaftsbeziehungen, internationales Recht und Geschichte belegt. Nach dem Studienabschluss arbeitete sie zunächst vier Jahre in der Privatwirtschaft, bevor sie in den diplomatischen Dienst ging. Sie ist verheiratet und hat einen einjährigen Sohn.
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gestaltet und koordiniert im Auftrag des Bundesrats die schweizerische Aussenpolitik. Die Zentrale ist in Bern, hinzu kommen über 300 Aussenvertretungen (Botschaften, Missionen, Konsulate, Verbindungs- und Koordinationsbüros). Die Zentrale besteht aus dem Generalsekretariat, dem Staatssekretariat und sechs Direktionen: der Politischen Direktion, der Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA), der Direktion für Völkerrecht, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), der Direktion für Ressourcen und der Konsularischen Direktion. Rund ein Drittel des EDA-Personals arbeitet in der Zentrale, zwei Drittel sind auf Aussenposten tätig. Weitere Infos unter www.eda.admin.ch
Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 10 - 2013. |
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