Entdeckung der Langsamkeit
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Am 12. September 2007 flog Lorenz Wenger mit seiner Familie auf die Philippinen, um dort ein Tauchressort zu übernehmen und es neu zu eröffnen ('SCROGGIN-career' berichtete). Während der ersten vier Monate musste er Personal gewinnen, alles instand setzen und die ersten Gäste betreuen. Im Interview erzählt der junge Auswanderer von seinen Erlebnissen.
Von: Lorenz Wenger
SCROGGIN: Wir haben im letzten 'SCROGGIN-career' über Ihre Pläne und Vorstellungen berichtet, bevor Sie auf die Philippinen ausgewandert sind. Was ist seither geschehen?
Lorenz Wenger: Am Anfang war alles neu, auch die Umgebung. Wir mussten uns zunächst
an das Klima gewöhnen und starteten sanft in unserer neuen Wahlheimat  mit zehn Tagen am Sandstrand, bevor wir uns an die Arbeit machten.  Jorik, unser Sohn, war uns dankbar.
Dann begann die Arbeit. Seither habe ich viel über Motoren, Generatoren, Boote, Stromund
Wasserleitungen gelernt. Vom ehemaligen Bürogummi mutiere ich langsam zum Allrounder.
 
SCROGGIN: Was waren die ersten Schritte vor der Eröffnung des Tauchressorts?
Lorenz Wenger: Zunächst mussten wir das geeignete Personal für unser  kleines, familiäres Ressort finden und ausbilden. Innert kürzester Zeit  flatterten über 70 Bewerbungen ein. Für ein 300-Seelen-Dorf ist das eine  Menge! Entscheidend waren meist die Englischkenntnisse und das  persönliche Auftreten der Bewerber. Dann kam das Training der  Angestellten: Für den Drink White Russian zum Beispiel musste ich  unserem neuen Barkeeper erklären, wie man ein Tetra-Pak Milch öffnet.  Solche Luxusgüter kennen die Filipinos hier nicht. Wir starteten also  bei Null.
 
SCROGGIN: Was forderte bisher am meisten Geduld?
Lorenz Wenger: Die Beschaffung von alltäglichem Gebrauchsmaterial  beansprucht viel Zeit und Nerven. Ich musste zum Beispiel fünf Tage  investieren, um eine richtige Schraube aufzutreiben. Was ebenfalls  Geduld forderte, war die Installation des Kompressors. Dieser ist für  eine Tauchschule unersetzlich und liefert täglich die Luft zum Tauchen.  Da nur eine Strom-Phase zugänglich war, musste eine zweite gelegt  werden. Auf den Philippinen bekommt man grundsätzlich alles. Die Frage  ist nur wann, wo und zu welchem Preis.
 
SCROGGIN:Was ist besser als in der Schweiz?
Lorenz Wenger: Nichts, es ist nur anders!
 
SCROGGIN: Was ist anders?
Lorenz Wenger:Wenn man sein Auto einer Werkstatt anvertraut, kann es  gut sein, dass nach der Reparatur mehr kaputt ist als vorher. Dafür  haftet allerdings niemand. Auch neu für mich: Hier ist es eine  Selbstverständlichkeit, den Vorgesetzten nach Lohnvorschuss zu fragen.
 
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein  zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten  können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam  mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen  Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent  und gibt sogar noch unter der Dusche Anweisungen.
 
SCROGGIN: Vermissen Sie etwas?
Lorenz Wenger: Die Privatsphäre leidet. Wir suchen längerfristig ein  zweites Leiterpaar für das Resort, damit wir uns gegenseitig vertreten  können. Momentan ist es noch nicht einmal möglich, dass ich gemeinsam  mit meiner Frau in die Stadt zum Einkaufen fahre oder wir einmal einen  Familienausflug unternehmen. Man ist einfach 24 Stunden am Tag präsent  und gibtsogar noch unter der Dusche Anweisungen.
 
SCROGGIN: Seit dem 1. November 2007 ist das neue BlueStar dive  & resort in Bohol für tauchbegeisterte und ruhesuchende Gäste  geöffnet. Was bieten Sie?
Lorenz Wenger: Unser Ziel ist es, ein ruhiges und unvergessliches  Ferienerlebnis mit vielfältigen Tauchgängen zu bieten. Tagesausflüge zu  den inseltypischen Märkten, zu den berühmten Chocolate Hills oder zu den  Tarsiers – das sind die kleinsten Primate der Welt – runden unser  Angebot ab. Abends schauen wir mit unseren Gästen open air einen Film  auf Grossleinwand oder erzählen uns Piratengeschichten an der Bar.
 
SCROGGIN: Ihre persönliche Bilanz nach vier Monaten Philippinen?
Lorenz Wenger: Wir bereuen unsere Entscheidung, die Schweiz zu  verlassen, überhaupt nicht. Man kann alles Geld der Welt verlieren – die  Erfahrungen, die wir hier machen, sind unersetzlich und können uns  niemals gestohlen werden.
 
Mehr Informationen zur Tauchbasis und zum Resort: www.bluestardive.com
 
 
Der Artikel erschien im 'SCROGGIN-career' Ausgabe Nummer 3/2008.
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