Vom Traum, sein eigener Chef zu sein
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Die einen rechnen nur mit geringen Chancen auf ein festes Arbeitsverhältnis, die anderen wollen sich selbst verwirklichen – Gründe, sich selbstständig zu machen, gibt es viele. Wer als sein eigener Chef arbeitet, der erfüllt sich oft einen lang gehegten Traum.
Von: Hanni Heinrich
Die Wirtschaftskrise hat vielen gezeigt, wie schnell sich die finanzielle Situation ändern kann: Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit – das bereitet vielen Sorge, und die arbeitende Bevölkerung macht sich Gedanken, wie es weitergehen soll. Aber nicht nur die Wirtschaftskrise macht nachdenklich, sondern auch eigene Wünsche oder die Unzufriedenheit auf der Arbeit sorgen dafür, dass immer mehr Leute eine Alternative zum klassischen Angestelltenverhältnis suchen. Die Selbstständigkeit ist eine Möglichkeit, auf anderem Wege Geld zu verdienen.
Wer über ein besonderes Talent verfügt oder in der Lage ist, eine Tätigkeit besser auszuüben als andere, hat gute Chancen, seine Eigenschaften auf dem Arbeitsmarkt einzubringen. Bevor man eine Firma gründet, sollte man sich zunächst fragen, ob der Markt mit der Fähigkeit oder der Idee, die man anbieten will, nicht schon übersättigt ist. Anschliessend stellt sich die Frage, wie es am besten gelingt, die eigenen Stärken Gewinn bringend anzubieten.
Heidrun Schneider hat sich diese Gedanken zur Selbstständigkeit bereits gemacht. Seit vier Jahren lebt und arbeitet sie in Zürich. Ursprünglich kommt sie aus einer kleinen Stadt bei Leipzig in Deutschland. Noch arbeitet sie im Angestelltenverhältnis. „Mir macht es Spass im Büro, und meine Kollegen sind sehr nett. Ich fühle mich hier wohl“, sagt sie. Und nach einer kleiner Pause erzählt sie, dass sie schon als kleines Mädchen davon geträumt hat, Tänzerin zu werden und Tanz zu unterrichten.
Jetzt, mit 32 Jahren, ist es soweit: Sie will sich endlich ihren Traum erfüllen. Dazu hat sie ihre Arbeitszeit auf 80 Prozent reduziert, um einmal in der Woche zur Tanztrainerausbildung zu gehen. „Mit den vielseitigen Tanzangeboten in Zürich und meiner Ausbildung zur diplomierten Jazztanzpädagogin in Zürich erfülle ich mir einen lang ersehnten Traum“, so Heidrun Schneider. „Ich kann meine Leidenschaft für das Tanzenausleben und meine Fähigkeiten pädagogisch weitergeben.“
Schon mit 15 Jahren wollte Heidrun Schneider Sport und Tanzen zu ihrem Beruf machen, doch die Ausbildung zur staatlich geprüften Gymnastiklehrerin an einer privaten Schule in Mitteldeutschland konnten sich ihre Eltern in den 1990er-Jahren nicht leisten. „Aber mit Überzeugung, Geduld und den Glauben an sich und seine Träume und Entscheidungen kommt irgendwann der richtige Zeitpunkt“, sagt sie, und ihre Augen glänzen – so als ob sie schon wüsste, dass sie es bald schaffen wird. „Ohne den Glauben an sich selbst schafft man es nicht. Es gibt immer Menschen, die nicht gut finden, was ich mache, aber von denen will ich mich nicht beeinflussen lassen.“
Nur noch neun Monate muss sie die Schulbank drücken, bis sie die Lizenz zur Tanzlehrerin in der Hand hält. Dann will sie als Personal Trainer arbeiten, im Fitness-Studio Kurse geben und auch in Firmen gehen und dort Sport für Büromenschen anbieten. „Ich bin durch den Sport viel fitter geworden und fühle mich einfach gut.
Sicherlich wird es am Anfang nicht leicht, sofort Kunden zu gewinnen und Geld zu verdienen, aber es ist mein Traum, und den werde ich mir erfüllen“, ist Heidrun Schneider überzeugt. Der Gehaltsreport aus dem Jahr 2009 zeigt, dass 55 Prozent der Selbstständigen mit ihrem Einkommen zufrieden sind. Bei den Angestellten sind es nur 49 Prozent. Selbstständigkeit scheint sich also auch finanziell zu lohnen.
Aber um wirklich als Selbstständige loslegen zu können, muss Heidrun noch einiges organisieren. EU-Bürger können sich problemlos in der Schweiz selbstständig machen oder eine eigene Firma gründen. Dazu benötigen sie eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung. Für die müssen sie nachweisen, dass sie krankenversichert sind und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Für Personen, die neu in die Schweiz ziehen, stellt die kantonale Behörde oder die Wohngemeinde eine sechsmonatige Kurzaufenthaltsbewilligung aus. Nach sechs Monaten muss die geplante oder bereits begonnene Selbstständigkeit nachgewiesen werden. Das kann in Form eines Handelsregistereintrages geschehen, oder man muss einen Businessplan schreiben. In der Regel wird dann eine fünfjährige Aufenthaltsbewilligung (die sogenannte B-Bewilligung) ausgestellt.
Des Weiteren muss man als Existenzgründer ein vollständiges Dossier einreichen, aus dem hervorgeht, welche Art von Geschäft in der Schweiz ausgeübt werden soll oder mit welchem Beruf man sich selbständig machen will. Für die Behörden ist es hilfreich, wenn man den Lebenslauf beilegt und seinen beruflichen Hintergrund erläutert. Besonders wichtig ist, dass man genug Einkommen erwirtschaften kann, um keine finanzielle Last für die Schweiz und den gewählten Kanton darzustellen.
Sind alle Formalitäten geklärt, kann es losgehen. Eine Firma ist schnell gegründet, Visitenkarten rasch gedruckt und Webseiten aufgebaut. Doch die wirkliche Herausforderung liegt darin, dass man stark bleibt und sich nicht entmutigen lässt. Wer ein Unternehmen gründen will, sollte also zuerst seine Hausaufgaben machen: eine Marktanalyse durchführen, Abnehmer und Absatzmärkte ausfindig machen und sich in jedem Fall mit der Konkurrenz beschäftigen, um zu wissen, in welche Richtung der Wind weht. Schliesslich will man als Neuankömmling auf dem Markt auch bestehen und nicht direkt wieder untergehen.
Im internationalen Vergleich
In der Schweiz sind fast zehn Prozent aller Erwerbstätigen selbstständige Unternehmer. Innerhalb von Europa weist nur Griechenland einen höheren Anteil an Unternehmern in der Bevölkerung auf. Diese Zahlen gehen aus dem Bericht des Projekts Global Entrepreneurship Monitor (GEM) 2005 hervor, der die unternehmerischen Aktivitäten in 35 Ländern in Europa und dem Rest der Welt vergleicht.
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